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Arbeitnehmendenrechte

3 Fragen an Daniel Lampart

Daniel Lampart ist seit 2006 Chefökonom und seit 2011 Leiter des Zentralsekretariats des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds. Davor war er wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich.

Streitbarer Gewerkschafter: Daniel Lampart in der «Arena» von SRF. Bild: Arena / Schweizer Radio und Fernsehen (SRF)

Herr Lampart, was ist eine Gewerkschaft und wie sind Gewerkschaften entstanden?

Gewerkschaften, wie wir sie heute kennen, gibt es seit der Industrialisierung, also seit über 150 Jahren. Damals gerieten Löhne und Arbeitszeiten unter Druck, woraufhin sich die Arbeiter:innen zu wehren begannen. Im Alleingang war dies schwierig, also schlossen sie sich zu Gewerkschaften zusammen, die ihre Interessen verteidigten. Im Grundsatz ist das heute noch genauso. Die Arbeitnehmenden wollen gerechte Löhne, gute Arbeitsbedingungen sowie sichere Arbeitsplätze. Die Gewerkschaften schauen, dass sie mittels eines Gesamtarbeitsvertrags (siehe Factbox unten) Regelungen erhalten, die Mindeststandards darstellen und für alle gelten.

«Ohne Gewerkschaften wäre der Schutz der Arbeitnehmenden geringer, die Unsicherheiten grösser und die Arbeitszeiten länger.»
Daniel
Lampart

Braucht es denn heute noch Gewerkschaften?

Unbedingt. Wie schlecht es den Arbeitnehmenden ohne Gewerkschaften geht, sieht man in den USA. Viele Berufstätige können von ihrem Lohn nur noch leben, wenn sie viele Überstunden machen. Immerhin zeichnet sich in den USA wieder eine Wende ab. Die Gewerkschaften gewinnen Mitglieder und werden kämpferischer. In der Schweiz ist die Situation der Arbeitnehmenden dank den Gewerkschaften und den Gesamtarbeitsverträgen weniger schlimm. Wo Gesamtarbeitsverträge vorhanden sind, sind diese im internationalen Vergleich sehr gut. Leider existieren insgesamt aber zu wenige – diesbezüglich hinkt die Schweiz international hinterher.

Wo liegt das Interesse der Unternehmen an der Sozialpartnerschaft?

Sie birgt für Unternehmen grosse Vorteile: Faire Arbeitgebende können sich über Gesamtarbeitsverträge gegen unfaire Konkurrenz schützen, die sich etwa mit Dumpinglöhnen einen Vorteil verschaffen. Sie können Aus- und Weiterbildung einrichten und profitieren davon, dass es keine wilden Streiks gibt. Und nicht zuletzt tragen faire Löhne und gute Arbeitsbedingungen zur ökonomischen Stabilität bei, da die Arbeitnehmenden in der Lage sind, mehr zu konsumieren und in die Wirtschaft zu investieren.

Was ist ein Gesamtarbeitsvertrag?

Eine der wichtigsten Errungenschaften der Gewerkschaften sind die sogenannten Gesamtarbeitsverträge, kurz GAV, die für viele Branchen gelten. Ein GAV ist ein Vertrag zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden, der Regeln und Bedingungen für die Arbeitswelt festlegt. Im GAV ist zum Beispiel geregelt, wie hoch die Löhne sind, wie viele Ferien man hat, welche Arbeitszeiten gelten und welche Rechte und Pflichten die Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden haben. Fehlt in einer Branche ein GAV, können die Arbeitgebenden die Arbeitsbedingungen und Löhne nach eigenem Ermessen festlegen. Besonders wichtig sind in diesem Zusammenhang die Mindestlöhne, die in vielen GAVs festgelegt sind. Die Betriebe, die dem GAV unterstellt sind, müssen sich an diese Mindestlöhne halten und dürfen ihren Mitarbeitenden nicht weniger zahlen.

 

Hier findest du eine Übersicht zu den Schweizer Gesamtarbeitsverträgen.